Warum wir in Thalheim keine Community Nurse mehr haben

Von 2022 bis Ende 2024 gab es das von der EU finanzierte Projekt „Community Nurse“ in Österreich. Im Rahmen dieses Projekts wurden 116 Pilotprojekte in ganz Österreich mit verschiedenen Trägern in unterschiedlichen Settings umgesetzt, um eine bessere Unterstützung für pflegebedürftige Personen und ihre Angehörigen zu entwickeln und zu implementieren. Auch Thalheim beteiligte sich nach längeren Diskussionen und viel Überzeugungsarbeit schließlich am Projekt.

Die in Oberösterreich eingesetzten Community Nurses waren besonders erfolgreich, wie eine parlamentarische Anfrage von mir gezeigt hat. Während des Projektzeitraums gab es in OÖ mehr als 164.000 Kontakte, davon etwas mehr als 90.000 Netzwerkkontakte und rund 70.000 Einzelkontakte. Kein anderes Bundesland hat vom Pilotprojekt derart profitiert wie Oberösterreich. Auch in Thalheim zeigte sich, dass das Angebot nach anfänglichen Startschwierigkeiten gut angenommen wurde. Zu Beginn war die Unterstützung durch die Gemeinde überschaubar, doch die Nachfrage entwickelte sich positiv.

Im Zuge des Finanzausgleichs zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ging es auch um die Finanzierung der Pflege, die grundsätzlich Sache der Länder ist. In den letzten Jahrzehnten hat sich – ähnlich wie im Gesundheitswesen – ein weit verzweigtes Netz an Finanzströmen entwickelt, das kaum noch zu überblicken ist. Geld vom Bund an die Länder, dazu Mittel der Gemeinden an das Land, das wiederum an die Gemeinden und weiter an die Sozialhilfeverbände oder andere Träger – dazu laufend Pilotprojekte und Projektfinanzierungen. Ein Ziel im Finanzausgleich war daher, die Mittel zu bündeln und in den Pflegefonds zu geben. So wurde Ende 2023 die Aufstockung des Pflegefonds von ursprünglich ca. 400 Mio. Euro auf mehr als 1,1 Mrd. Euro und im Endausbau auf 1,5 Mrd. Euro beschlossen. Darin enthalten sind alle Finanzierungsmittel, also auch die Projektfinanzierungen. Mit Ende 2024 ist auch die EU-Finanzierung der Community Nurses ausgelaufen, und die entsprechenden Mittel wurden bereits im Pflegefonds vorgesehen. Insgesamt standen für die 116 Projekte österreichweit 54,2 Mio. Euro aus EU-Mitteln (jährlich ca. 18 Mio. Euro) zur Verfügung. 

Was dann aber passiert ist, spottet jeder Beschreibung: Das Land OÖ gibt die erhaltenen Mittel nicht einfach weiter. Zugegeben, das Geld im Pflegefonds ist nicht zweckgebunden, aber es ist klar, dass von den gut 1,1 Mrd. Euro auch die Mittel für die Community Nurses vorgesehen sind. Die Entscheidung, ob diese Mittel entsprechend eingesetzt werden, obliegt wiederum jedem Bundesland selbst. Das Land OÖ gibt dieses Geld jedoch nicht einfach weiter. Im Fall von Thalheim würde es nur 40 % der Mittel weitergeben, und diese 40 % würden dann allen anderen Gemeinden im Bezirk wieder gekürzt werden. Warum? Weil in OÖ die Pflegeausgaben im sogenannten Sozialhilfeverband (SHV) organisiert sind. Der SHV entspricht etwa dem Bezirk – in unserem Fall Wels-Land – und soll dafür sorgen, dass Pflege- und andere Sozialausgaben solidarisch organisiert und getragen werden. Das sorgt für Ausgleich zwischen reichen und armen Gemeinden. In Zeiten knapper Gemeindekassen ist jedoch der Mechanismus, die Mittel für ein Projekt wie Community Nursing in einer Gemeinde allen anderen Gemeinden gleichermaßen aufzubürden, problematisch. Das führte dazu, dass sich alle Gemeinden gegen eine Mittelabholung ausgesprochen haben. Somit hätte Thalheim die Mittel alleine stemmen müssen.

Ob wir uns das leisten können? Wahrscheinlich schon. Aber das Land OÖ will der Gemeinde nicht einmal eine Dienstposten für die Funktion einer Community Nurse zugestehen. Ohne diesen Posten kann die Gemeinde aber nicht anstellen. Also wie nun? Die Idee einiger Kolleg:innen aus der Thalheimer ÖVP: einen Werkvertrag an die Community Nurse vergeben. Das wäre jedoch problematisch, da für einen Werkvertrag ein klar definiertes „Werk“, also ein abgegrenztes Projekt, erforderlich ist. Mein Hinweis darauf wurde zunächst belächelt; als sich herausstellte, dass ich Recht hatte, war die Stimmung weniger erfreut. Der nächste Vorschlag war, die Leistungen über einen externen Dienstleister einzukaufen. Das wäre möglich, kostet aber ebenfalls Geld und wird wohl auch nicht mehr umgesetzt, weil der externe Dienstleister wohl die Leistung nicht anbieten kann. 

Ich rechne also nicht mehr damit. Und ich gratuliere der Bürgermeisterpartei sowohl in Thalheim als auch auf Landesebene dazu, ein gut implementiertes, erfolgreiches Projekt zu beenden. Wobei: ich habe läuten gehört, dass es auf Landesebene nie gewollt war, weil es ein den Grünen zugeschriebenes Projekt ist. Und, ich glaube auch zu wissen, dass der Koalitionspartner der ÖVP in OÖ das Projekt noch weniger will.
Darauf kann man wirklich nicht stolz sein.

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