Vergangene Woche wurde im Budgetausschuss heftig über den Regierungsentwurf für das Doppelbudget 2025/26 diskutiert, seit Montag läuft die Debatte im Nationalrat. Die zentrale Frage dabei: Wer zahlt am Ende wirklich den Preis für die Sanierung der Staatsfinanzen?
Sanieren – aber nicht auf Kosten der Schwächsten!
Dass eine Budgetkonsolidierung nach den Krisenjahren unumgänglich ist, steht außer Frage. Auch wir Grüne haben das stets betont. Doch entscheidend bleibt das „Wie“. Im Wahlkampf versprach die Regierung, mit „Herz und Hirn“ zu sanieren. Heute wirkt das wie ein reiner Marketing-Slogan – ähnlich wie die viel zitierte „Patientenmilliarde“, die bis heute niemand gesehen hat. Und von den „breiten Schultern“, die angeblich mehr tragen sollen, fehlt weiterhin jede Spur.
Wer trägt die Last wirklich?
Ein genauer Blick in die Budgetdetails zeigt, wer tatsächlich zur Kasse gebeten wird:
- Defizit trotz Sparmaßnahmen: Trotz aller Ankündigungen nimmt die Regierung ein zusätzliches Defizit von 700 Millionen Euro in Kauf. Das belastet die breite Bevölkerung weiter, während der Spardruck steigt.
- Kalte Progression: Das soziale Drittel bei der kalten Progression wird ausgesetzt – eine Maßnahme, die vor allem jene trifft, die ohnehin wenig haben.
- Kürzungen bei Gesundheitsinitiativen: Besonders drastisch sind die Einschnitte bei der Gesundheitsprophylaxe. Die Mittel für Initiativen wie die AIDS-Hilfen und Programme zur psychischen Gesundheit werden um rund 25 Prozent gekürzt – von 35,8 auf 26,8 Millionen Euro. Das ist kein „Nix“, wie Ministerin Schumann behauptet, sondern ein deutlicher Rückschritt.
Diese Maßnahmen bedeuten für viele Menschen im Land zusätzliche Belastungen.
So werden etwa Pensionist:innen durch eine Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge um 0,9 Prozent zur Sanierung der ÖGK herangezogen. Gleichzeitig wird das Budget mit weiteren 700 Millionen Euro jährlich belastet – ein Widerspruch in Zeiten angeblicher Sparsamkeit. Besonders fragwürdig: Die Verteilung der Mittel soll künftig ein eigener Fonds übernehmen, in dessen Gremien jede Regierungspartei einen „Experten“ entsenden darf. Wie das konkret funktionieren soll, weiß aktuell niemand.
Frauen und Menschen mit niedrigen Pensionen besonders betroffen
Die Erhöhung der KV-Beiträge trifft vor allem Menschen mit niedrigen Pensionen – und damit überproportional Frauen, die aufgrund ihrer Erwerbsbiografien und struktureller Benachteiligung ohnehin weniger bekommen. Die versprochenen Abfederungsmaßnahmen? Entweder müssen die Betroffenen sie selbst finanzieren, etwa durch höhere eCard-Gebühren, oder sie kommen erst ab 2027 schrittweise – während die Beitragserhöhung schon 2025/26 wirksam wird.
Menschen mit Behinderung: Massive Einschnitte
51 Prozent weniger Budget: Das ist kein kleiner Schnitt, sondern ein Kahlschlag. Die Persönliche Assistenz, ein Schlüssel zur Teilhabe am Arbeitsleben, wird durch das Ende von Pilotprojekten weiter eingeschränkt. Barrierefreiheit: Im ÖBB-Rahmenplan werden Maßnahmen zur Barrierefreiheit doppelt so stark gekürzt wie andere Bereiche. Das bedeutet weniger Selbstbestimmung und Teilhabe für Menschen, die ohnehin schon mit Hürden kämpfen. In Österreich leben laut Statistik Austria rund 1,4 Millionen Menschen mit Behinderungen. Für viele ist Persönliche Assistenz die Voraussetzung, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet uns eigentlich, genau das zu ermöglichen – doch das Budget spricht eine andere Sprache.
Erwachsenenschutzrecht: Ein Angriff auf die Schwächsten
Gerade einmal vier Millionen Euro – das sind 0,16 Prozent des Justizbudgets – sollen eingespart werden, indem die Rechte älterer Menschen und von Menschen mit Behinderung massiv beschnitten werden. Die UN-Behindertenrechtskonvention? Mit wenigen Federstrichen aus dem Weg geräumt. Das ist nicht nur zynisch, sondern eine Bankrotterklärung an die Menschlichkeit.
Psychische Gesundheit: Mehr Bedarf, weniger Unterstützung
Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen steht angeblich im Fokus – doch das Budget für das Programm „Gesund aus der Krise“ bleibt unverändert. Keine Ausweitung, keine nachhaltige Lösung. Das rächt sich in ein paar Jahren, denn die Inflation wird die Mittel real weiter schmälern.
Auch bei der kostenlosen HPV-Impfaktion für die Altersgruppe 21 bis 30 Jahre bleibt alles vage. Die Verantwortung wird zwischen Ländern und Sozialversicherungen hin- und hergeschoben – echte Lösungen fehlen.
Das Ausreden-Spiel
Seit Wochen hören wir die immer gleichen Ausflüchte: Die Vorgänger hätten die Probleme verursacht, die Kassen seien leer, die Spielräume eng. Aber: Wer regiert jetzt? Wer entscheidet, wo gekürzt wird? Die Regierung! Sie wurde gewählt, um Lösungen zu liefern – nicht, um Ausreden zu suchen.
Fazit: Sanieren ja – aber nicht auf dem Rücken der Schwächsten!
Dieses Budget ist im Sozial- und Gesundheitsbereich, besonders bei Menschen mit Behinderung, weit entfernt von „breiten Schultern“ oder „Herz und Hirn“. Die Regierung hätte sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen können – stattdessen gibt es Ausflüchte statt Einsatz, Kürzungen statt Kampf.
Die Menschen im Land erwarten Lösungen, keine Ausreden. Sie wollen wissen, was diese Politik für sie, ihre Familien und unsere gemeinsame Zukunft bedeutet – und sie haben ein Recht darauf, enttäuscht zu sein. Österreich braucht ein Budget, das soziale Gerechtigkeit lebt und nicht zur Floskel verkommen lässt. Politik muss endlich wieder den Menschen in den Mittelpunkt stellen – mit Herz, Hirn und echter Verantwortung. Die aktuelle Regierung ist weit davon entfernt.