Darstellung des Gesundheitswesens mit Hilfe von LEGO

Ö1 gerade so: „Die Grünen sind klar gegen den Vorschlag Nehammers Medizinstudent:innen zu verpflichten.“ Naja, so klar, wie Ö1 da jetzt tut, habe ich mich nicht ausgesprochen. Aber okay, die Zuspitzung braucht es wohl, nehme ich zur Kenntnis. Was ich aber sehr wohl gesagt habe: es gibt gescheitere Maßnahmen als eine Verpflichtung von Medizinstudent:innen. Grund genug, hier etwas genauer und ausführlicher zu werden, denn die Zuspitzung der Medien bietet keinen Platz für Details und Zwischentöne. Das ist zu akzeptieren.

Zum einen sagt der Status als Student:in nichts über die weitere Karriere aus. Wenn du Medizin fertig studiert hast, dann bist du deshalb noch lange zum Praktizieren bereit. Erst nach der fachärztlichen Ausbildung kann als Mediziner:in alleine praktiziert werden. Den größten Gap in der Ausbildung haben wir in der Schnittstelle zwischen Medizinstudium und der nachgelagerten Fachärzt:innen-Ausbildung. Während ca. 1.600 Menschen jedes Jahr ihr Medizinstudium beenden, kommt nur ein Teil davon Jahre später als ausgebildete Mediziner:innen an. Ein Teil geht in die Forschung oder andere Bereiche der Anwendung des eigenen Studiums, viele aber wechseln nach Deutschland, die Schweiz oder auch Südtirol zu weiteren Ausbildung. Warum das so ist? Unter anderem (aber nicht nur) weil in Österreich die Hürden für die Fachärzt:innen-Ausbildung hoch sind. Du musst einEn Ärzt:in finden, die diese Ausbildung übernimmt, eine ausbildungsberechtigte Person darf nur einEn Jungärzt:in ausbilden. Dann muss dafür eine Krankenanstalt gefunden werden, die nicht nur theoretisch einen Ausbildungsplatz hat (denn von den theoretischen gibt es genug), sondern diesen auch im Dienstpostenplan abbildet. Erst dann geht es los, und erst dann kann die Ausbildung abgeschlossen werden. Bevor wir also junge Menschen verpflichten wollen, sollten wir erst einmal dafür sorgen, dass die Ausbildung in Österreich von Anfang bis zum Schluss absolviert werden kann. Und wenn mir hier jetzt jemand mit „Macht´s halt!“ kommt, dann muss ich auch hinweisen, dass vor für den Gap bei den Ausbildungsstellen in den Krankenhäusern die Erhalter der Krankenanstalten verantwortlich sind, denn es geht immer auch um die Abbildung der Ausbildungsplätze in den Dienstposten der Krankenhäuser. Das Problem ist nicht neu, und ist den Erhaltern allen bekannt, wir werden es auch in den FAG-Verhandlungen zum Thema machen.

Ein anderes Thema ist der Begriff „Ärzt:innen-Mangel“: Wir haben aktuell 47.000 Mediziner:innen, die in der so genannten „Ärzteliste“ eingetragen sind, also als Ärzt:innen arbeiten können. Uns fehlen daher nicht die Mediziner:innen, sondern es fehlen jene, die bereit sind ins System der Kassenverträge zu gehen. Wenn weniger Ärzt:innen ins Kassensystem gehen, haben wir ein Problem mit der Versorgung der Bevölkerung außerhalb der Spitäler. Das wiederum führt zu einem Anwachsen bei der Versorgungswirksamkeit bei den Wahlärzt:innen, weil jene die es sich leisten können oder wollen halt dann nicht auf einen Termin bei Kassenmediziner:innen warten, sondern gleich in die Wahlarztpraxis gehen. Diejenigen, die sich das nicht leisten können oder wollen dagegen müssen warten oder wenn vorhanden suchen sie die Spitalsambulanzen auf. Das wiederum führt zu einer Überlastung in den Ambulanzen, zu frustrierenden Wartezeiten und zu einer akuten Unterversorgung. In jedem Fall ist der akute Zustand nichts anderes als Mehrklassenmedizin. Was setzen wir de entgegnen? Nun, die PVE sind eine Maßnahme, bei der alle beteiligten gewinnen können. Sie sind für Jungmediziner:innen ein guter Einstieg in die Selbstständigkeit ohne extremes persönliches kaufmännisches Risiko. Sie entsprechen zudem dem Anspruch nach Interdisziplinarität und Interprofessionalität, nach Teamwork und besserer Work-Life-Balance. Gleichzeitig gewinnen die Patient:innen, weil sie mehr Versorgung im Einzugsgebiet bekommen. Und hier ist auch der Haken im System: denn eine PVE macht erst ab 4.000 Einwohner:innen wohl Sinn. Darunter ist es nicht unbedingt die passendste Lösung. Aber auch dafür gibt es bereits Lösungsansätze: die ÖGK bietet Sorglos-Pakete den Mediziner:innen insbesondere im ländlichen Raum an. Von der Ordination bis hin zur Ordinationshilfe kann so bei der ÖGK alles nach Bedarf angefordert werden. Auch so wird das persönliche Risiko vermindert, was viele Jungmediziner:innen ansonsten abschreckt. Das Modell ist neu, muss also sich erst bewähren, dennoch gehe ich von einer hohen Akzeptanz aus, wenn auch die Ärztekammer mitspielt. Ebenso muss diese auch bei der Teilung von Ordi-Plätzen mitspielen, und natürlich beim ewigen Thema Ausbau der PVE. 

In dieser Gesamtkonstellation – und ich habe immer noch nur einen Teil des Themas angeschnitten, und noch nicht einmal die anderen Gesundheitsberufe ins Spiel gebracht – von einer Verpflichtung zu reden, halte ich gegenwärtig für den falschen Zugang. Er wird uns keine Lösungen bringen, sondern wird am Ende nur Makulatur sein. Wenn wir über eine Verpflichtung reden wollen, dann müssen zuvor die Bedingungen in der Ausbildung und im Kassensystem andere sein. Verwenden wir doch daher lieber unsere Kraft und unsere Ideen darauf, echte rasche Verbesserungen herbeizuführen, dann können wir auch über den Rest diskutieren.

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