Welser Barrieren

Im letzten Jahr durfte ich Frau Brezina kennenlernen. Sie war eine durchaus bekannte Aktivistin, die im Rollstuhl sitzend für Inklusion und Gleichberechtigung im Alltag von Menschen mit Behinderung stritt. Kennengelernt habe ich sie über einen gemeinsamen Bekannten, der mich fragte, ob ich bereit wäre, Frau Brezina durch das Parlament zu führen. Für mich war das in zweierlei Hinsicht ein besonderer Tag damals im August 2023: einerseits, weil der Austausch mit Frau Brezina von der ersten Sekunde an spannend war, zum anderen, weil es mich interessierte, wie barrierefrei das umgebaute Parlament denn nun wirklich ist.

Dass der Umbau auch den Aspekt der Barrierefreiheit im Blick hatte, ist der leider bereits verstorbenen Grünen Nationalratsabgeordneten Theresia Haidlmair zu verdanken. Theresia arbeitete noch im alten, nicht barrierefreien Parlamentsgebäude. Alle Behinderungen im Alltag, die ihr in den Weg gestellt wurden, nahm sie akribisch auf und wies immer wieder darauf hin. Das Ergebnis ist ein nunmehr gut überall zugängliches Haus, wie mir Frau Brezina letztes Jahr mitteilte.

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Spätestens hier muss ein „Nanonaned“ gesagt werden. Barrierefreiheit ist an sich üblich und „state of the art“. Das sollten wir alle meinen. Denn es ist nicht so, wie die Causa mit der Schwebestufe in Wels zeigt. Wobei: fast mehr noch als die Behinderung durch eine sinnlose Stufe stört mich die Haltung der Verantwortlichen in der Sache. Die Haltung „Wer nicht reinkommt, kann ja eine Klingel betätigen, damit er/sie hineingeschoben wird“ ist auf verschiedenen Ebenen eher „grindig“. Und ich bin ehrlich: mir ist das auch nicht sofort aufgefallen.

Da ist zum einen die generelle Haltung: Statt das Problem anzuerkennen und zu beseitigen, wird eine Ausrede bzw. ein Umweg gesucht. Dann ist da die offenkundige Ignoranz: Betroffene sollen um Hilfe bitten, statt selbst ermächtigt durch eine einfache Tür zu kommen. Gerade das zeigt, wessen Geistes Kind hier handelt. Inklusion bedeutet auch, dass Barrieren entfernt werden, damit Betroffene selbstständig und eigenmächtig den Alltag bewältigen können. Dafür haben wir aber diese Barrieren zu entfernen. Und machen wir uns nichts vor: wir sind beim Entfernen so oder so säumig. Umso mehr schmerzt es, wenn dann ein neu saniertes Servicecenter nicht von vornherein barrierefrei gestaltet wird.

Zu guter Letzt gibt es aber noch einen Aspekt, der in Wels zum Tragen kommt: die selbstherrliche Haltung einzelner Akteur:innen, die es als Majestätsbeleidigung empfinden, wenn sie für genauso einen Pfusch wie die Schwebestufe kritisiert werden. Vielleicht sollte auch darüber nachgedacht werden. Ich würde der Stadt Wels einen Austausch mit Frau Brezina empfehlen, nur ist sie leider viel zu früh im Januar dieses Jahres von uns gegangen. Aber vielleicht reicht es aus, wenn man die Stadt Wels oft genug darauf hinweist, dass der Zustand jetzt (auch mit Handlauf) nicht entspricht..

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