Die Frage, ob Apotheker:innen in Österreich Impfungen durchführen dürfen, bleibt weiterhin ein heiß diskutiertes Thema. Während internationale Erfahrungen zeigen, dass Impfungen in Apotheken die Durchimpfungsrate erhöhen und das Gesundheitssystem entlasten können, wird diese Möglichkeit in Österreich vehement blockiert. Die gestrige Vertagung unseres Antrags zur Ermöglichung von Impfungen in Apotheken durch die Regierungskoalition bestehend aus SPÖ, NEOS und ÖVP auf Antrag der letzteren im Gesundheitsausschuss zeigt einmal mehr, wie stark die Arbeit der Regierung von Standesinteressen beeinflusst wird – auf Kosten der öffentlichen Gesundheit. Und: diese Vertagung zeigt auch die Diskrepanz zwischen Gesagtem und Gemachten auf.
Internationale Vorbilder: Impfen in Apotheken funktioniert
In Europa sind Impfungen in Apotheken längst etabliert. Länder wie Frankreich, Deutschland, die Schweiz, Skandinavien und Italien haben gezeigt, dass Apotheker:innen eine entscheidende Rolle bei der Erhöhung der Durchimpfungsrate spielen können. In Irland beispielsweise wurden seit der Einführung von Impfungen in Apotheken Millionen von Dosen verabreicht, darunter ein Drittel aller COVID-19-Impfungen und 27 % der Grippeimpfungen im Herbst-Winter 2023/2024. Auch Studien belegen, dass Apotheker:innen durch ihre Nähe zur Bevölkerung und ihre Fähigkeit, gezielt auf impfunwillige Gruppen einzugehen, entscheidend zur Steigerung der Impfquote beitragen.
Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Niederschwelliger Zugang: Apotheken sind oft zentral gelegen und bieten flexible Öffnungszeiten.
- Entlastung des Gesundheitssystems: Arztpraxen werden durch die Verlagerung bestimmter Impfungen entlastet.
- Erhöhung der Impfquote: Besonders bei Risikogruppen und impfunwilligen Personen zeigt sich eine deutliche Verbesserung.
- Sicherheit: In Ländern wie Deutschland oder Frankreich gibt es keine Hinweise auf erhöhte Risiken durch Impfungen in Apotheken.
Die vermutliche Blockade durch die Ärztekammer
Trotz dieser positiven internationalen Erfahrungen bleibt die Österreichische Ärztekammer ein entschiedener Gegner von Impfungen in Apotheken. Die Argumente sind dabei wenig überzeugend: Es wird behauptet, dass nur Ärzt:innen die notwendige Kompetenz hätten, um Patientensicherheit zu garantieren. Dabei ignoriert die Ärztekammer völlig, dass Apotheker:innen in anderen Ländern umfassend geschult werden und seit Jahren sicher impfen.
Diese Haltung ist nicht nur wissenschaftlich fragwürdig, sondern auch politisch problematisch. Es entsteht der Eindruck, dass es der Ärztekammer weniger um Patientensicherheit als vielmehr um den Erhalt ihrer eigenen Machtposition geht. Die Blockadehaltung gegenüber Reformen im Gesundheitswesen – sei es bei der Digitalisierung oder bei neuen Versorgungsmodellen – ist kein neues Phänomen. Die Ärztekammer hat sich wiederholt gegen Veränderungen gestellt und dabei den Fortschritt im österreichischen Gesundheitssystem ausgebremst.
Die Rolle der ÖVP: Abhängig von einer Lobby-Gruppe?
Besonders enttäuschend ist das Verhalten der ÖVP. Statt sich für eine moderne und patientenorientierte Gesundheitsversorgung einzusetzen, scheint sie sich den Interessen der Ärztekammer zu beugen. Die gestrige Vertagung unseres Antrags im Gesundheitsausschuss ist ein klares Zeichen dafür, dass Standesinteressen über das Wohl der Bevölkerung gestellt werden. Gesundheitsministerin Schumann hat in der ZIB 2 zwar betont, wie wichtig eine höhere Durchimpfungsrate sei – doch die Vertagung durch ihre Koalition sprechen eine andere Sprache.
Fazit: Reformen sind überfällig
Die Einführung von Impfungen in Apotheken ist kein radikaler Schritt – sie ist längst überfällig. Internationale Beispiele zeigen klar, dass diese Maßnahme funktioniert und sowohl die Durchimpfungsrate als auch die Effizienz des Gesundheitssystems verbessert. Es ist an der Zeit, dass wir uns von veralteten Standesdünkel verabschieden und mutige Reformen umsetzen.
Unser Antrag würde sofort internationale Standards etablieren und den Zugang zu Impfungen erleichtern. Noch dazu, wo es sich nicht um einen schlichten Entschließungsantrag handelt, der die Regierung zu einer Handlung auffordert, sondern eine vollständige Logistik, eine sofort umsetzbare Novelle der entsprechenden Gesetze. Doch solange die ÖVP weiterhin vor einer Lobby-Gruppe in die Knie geht und sich vor notwendigen Entscheidungen drückt, wird Österreich hinter anderen Ländern zurückbleiben. Es liegt jetzt an den anderen Regierungsfraktionen zu zeigen, ob sie wirklich bereit sind, Verantwortung für die öffentliche Gesundheit zu übernehmen – oder ob sie weiterhin den Interessen einer kleinen Gruppe Vorrang geben wollen. Wir Grünen werden jedenfalls nicht nachgeben und weiterhin für eine moderne und gerechte Gesundheitsversorgung kämpfen.